Welches Ideal steht in der Mitte von Bettina und Gabriel?
Ausgehend von der Idee
„Individualität wird lebendig in der Beziehungsgestaltung und der Gemeinschaftssinn lebt von der Individualität“
haben Bettina und Gabriel ihr Ideal herausgearbeitet.
Sie wollen den Gemeinschaftssinn und die Beziehungsfähigkeit fördern, indem durch die individuelle, kreative und verantwortungsbewusste Aktivität des Menschen das schöpferische Potenzial zum Tragen kommt und neue Ideen und Perspektiven das Miteinander bereichern.
Dieses Ideal setzen Bettina und Gabriel in ihrer Partnerschaft um als auch in ihrem Projekt „Haus 1621“ als Begegnungsstätte. Das Haus ist denkmalgeschützt und wurde bzw. wird liebevoll restauriert.
Inzwischen bietet das Haus einige Übernachtungsmöglichkeiten, einen Seminarraum, Bücherzimmer, Whirlpool und Sauna. Weitere Ideen sind bereits kreiert. Bettina und Gabriel wollen die Zimmer oder Wohnbereiche nicht fest vermieten, weil die lebendigen Inspirationen für viele Menschen zugänglich sein sollen.
Ein denkmalgeschütztes Haus zu renovieren ist eine herausfordernde Aufgabe, die sie bewusst angenommen und sich dafür entschieden haben, weil sie damit ihre Wertschätzung ausdrücken möchten. Die Wertschätzung für die Gedanken und handwerkliche Kunst der Menschen aus dem 17. Jahrhundert.
Deshalb haben die Eheleute Wagner sich zur Aufgabe gemacht, die Ideen von damals neu zu verlebendigen und weiter zu entwickeln durch eigene Ideen und Vorstellungen. Der gesamte Um- und Ausbau soll naturbelassen, nachhaltig und wirtschaftlich sein.
Beispielsweise sind die Wände aus Lehm, der im Ort selbst abgebaut wird. Die Wärme und Behaglichkeit des Hauses entstehen durch die Holz- und Lehmbauweise selbst. Im hinteren Teil des Erdgeschosses bilden 5.500 Flaschen die Grundkonstruktion für den Bodenaufbau. Gleichzeitig bilden sie die Dämmung und Kapillarbrechung aufgrund starker Feuchtigkeit im Boden. Dieser Gedanke der Flaschenbauweise taucht in verschiedenen Umsetzungen im Haus auf. Schafwolle eines Bauern aus der Umgebung wurde zur Dämmung verwendet und auch Hanf. Das Holz für die Böden stammt aus einer Sägerei und wurde von Gabriel selbst als gelernter Zimmermann und von Bekannten weiterbearbeitet, so dass die Bodenarbeiten umgesetzt werden konnten. Das ganze Haus ist strahlungsfrei und es gibt keine Fernseher.
Bauen mit einfachen Mitteln, ökologisch-ökonomisch und mit Wertschätzung für Mensch und Natur, ist ein gegenwärtiger Gedanke, der auch mitgetragen wird von den vielen Helfern. Nicht Luxus, sondern Natur auf ästhetische Weise kann erlebt werden, wenn man das Haus betritt. Man fühlt beseelte Räume, die verbindend wirken mit kreativen Ideen aus einer vergangenen und gegenwärtigen Zeit, die wiederum die schöpferische Kraft des Menschen hervorheben.
Das kommt auch zum Tragen und wird ersichtlich durch die vielen Helfer, die am Bau mitwirken. Jeder Arbeiter bringt eine andere Fachkunde und Kompetenz ein – und das macht den Um- und Ausbau so besonders. Bettina und Gabriel besprechen mit den Arbeitern und Freunden die Pläne des Umbaus und auch die Zielsetzungen für den Tag. Dadurch arbeitet jeder verantwortlich und meist wachsen alle über ihre bisherigen Kenntnisse hinaus und steigern ihre individuelle Kompetenz. Das bereichert natürlich wieder die Gemeinschaft und die Idee, dass der Gemeinschaftssinn von der Individualität lebt, wird sichtbar.
Unkompliziertheit und das Außergewöhnliche wird in diesem Hausprojekt fühlbar. Das sind wesentliche Punkte für Bettina.
Die Gäste des Hauses erleben diese unkomplizierte Möglichkeit auch darin, dass man thematisch mit verschiedenen Menschen ins Gespräch kommen kann. Man könnte auch sagen, dass unterschiedliche, individuelle Fachkompetenzen sich begegnen und neue Ideen und Perspektiven die Menschen bereichert haben, wenn sie wieder nach Hause gehen. Auf diese Weise ergab sich beispielsweise ein schöner Austausch einer Ärztin mit einem Theologen, der in einer Palliativ-Einrichtung arbeitet. Es entstanden neue Ideen für beide, die das Ideal ihres Berufes in der Konkretheit verstärkt haben. Bettina und Gabriel haben wiederum durch die Gäste auch neue Anregungen für die Gestaltung des Hauses bekommen. So denkt Gabriel darüber nach, Seminare anzubieten, wie man Lehmwände gestaltet.
Über uns
Mein Name ist Gabriel Wagner, ich bin 1989 geboren. In ganz jungen Jahren wollte ich immer LKW-Fahrer werden. Als meine Eltern dann im Jahr 2003 das großelterliche bäuerliche Anwesen umbauten, stapfte ich ständig dem zuständigen Zimmermann hinterher und es wurde mir klar: „Ich möchte Zimmermann werden.“
Nach einer 3-jährigen Ausbildung zum Zimmermann und meiner, ich nenne es immer „heimischen Walz“, habe ich in vielen Zimmereien, nahe meiner Heimat gearbeitet, um viele Erfahrungen zu sammeln und Einblicke zu bekommen.
Im Jahr 2013 entschloss ich mich unter der Organisation „Rolandschacht“ auf traditionelle Wanderschaft zu gehen. In den drei Jahren und acht Monaten habe ich einige Länder bereist und viele Erfahrungen und Eindrücke gesammelt. Vor allem bei Denkmalsanierungen war ich gerne mit dabei.
Der Umgang mit Menschen und eine gute Menschenkenntnis wurden mit der Wanderschaft geschult.
Als ich 2017 von der Wanderschaft zurückkam, habe ich noch eine Ausbildung zum Elektriker begonnen.
Im Jahr 2019 lernte ich meine Frau kennen und lieben und seither arbeite ich als angestellter Zimmermann, als Selbstständiger auf wechselnden Baustellen und an unserem gemeinsamen Projekt „Das Haus 1621“.
Mein Name ist Bettina Wagner, ich bin 1975 geboren. Schon in jungen Jahren war es mir wichtig mit Menschen zu arbeiten und ihnen „wirklich zu begegnen“. Im Teenageralter war ich ehrenamtlich in einer Behindertenschule tätig und für die Evangelische Kirche leitete ich Jugendgruppen. Meine Berufswahl fiel dann völlig anders aus. Da ich aufgrund einer Erkrankung vieles zu dieser Zeit nicht machen konnte, wählte ich einen Büroberuf und wurde Steuerfachangestellte, obwohl ich lieber direkt mit Menschen gearbeitet hätte.
Trotz Familiengründung und dem Erziehen von drei Kindern blieb der Wunsch, sich beruflich zu verändern. Heute vereine ich meinen Wunsch mit Menschen zu arbeiten bzw. ihnen zu begegnen mit meinem Beruf. Mit dem Projekt „Haus 1621“ kann ich meinen Beruf mit meinem Wunsch verbinden.
2019 lernten Gabriel und ich uns kennen und lieben. Schnell haben wir festgestellt, wie viel Gemeinsamkeiten wir haben und dass wir beide gerne ein altes Haus kaufen und restaurieren würden. Auf der Suche nach einem geeigneten Haus sind wir durch verschiedene Umstände zum ältesten noch stehenden Wohngebäude aus dem Jahr 1621 in Bergfelden gekommen. Wir sagen immer: „Das Haus hat uns gefunden.“
Unser Abenteuer mit „Haus 1621“ begann. Wir sind mitten auf die Baustelle gezogen und haben nach und nach das Haus mit viele Liebe, Wissen und Schweiß restauriert. Jeder hat sich mit seiner Fachkunde, Geschick auf seinem Gebiet eingebracht.